Vorstand Hubertus PrimusQuelle: Stiftung Warentest
Im Rahmen einer Pressekonferenz legte die Stiftung Warentest gestern ihren Jahresbericht für 2012 vor. Trotz einer Steigerung bei den Umsatzerlösen machte die Stiftung im letzten Jahr ein Minus von 1,2 Millionen Euro. Vorstand Hubertus Primus erklärt dies mit einer mangelnden Verzinsung des Stiftungskapitals, die nur bei drei statt fünf Prozent gelegen habe. Der Fehlbetrag könne aber ausgeglichen werden und es werde keine Entlassungen oder Abstriche bei der Testarbeit geben.
Für das laufende Jahr erwartet Primus ein besseres Ergebnis. Das Verbraucherschutzministerium habe seinen Zuschuss um eine halbe Million Euro erhöht, zudem sei das Onlineangebot unter www.test.de sehr erfolgreich. Doch während der Webauftritt 2012 bei Besucherzahlen und Umsatz um rund 20 Prozent zulegen konnte, verlieren die gedruckten Auflagen von test und Finanztest Leser.
Bereits vor einigen Tagen wurde bekannt, dass die Stiftung Warentest ab dem 1. Juli 2013 ein Lizenzsystem für die Verwendung ihrer Markenzeichen in der Werbung einführen wird. Damit steht zu befürchten, dass künftig vornehmlich Produkte von Herstellern getestet oder schlimmstenfalls sogar besser bewertet werden, die die teuere Lizenzierung in der Regel vornehmen. Doch solchen Überlegungen erteilt Primus eine Absage: Die Stiftung habe keinen Kontakt mit den Anbietern, die werben möchten, da mit der Lizenzverwertung das „Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung“ (RAL) beauftragt wurde, das auch die Lizenzen für den „Blauen Engel“ vergibt. Darüber hinaus würden die Hersteller erst mit der Veröffentlichung erfahren, wie sie abgeschnitten haben und könnten dann überlegen, ob sie mit den Urteilen werben wollen oder nicht.
Gebäude der Stiftung WarentestQuelle: Stiftung Warentest
Stattdessen betont Primus den Verbraucherschutz durch das neue Lizenzsystem. Wenn Hersteller, wie in der Vergangenheit geschehen, nachträglich das Produkt verändern oder das Urteil auf ein Nachfolgeprodukt übertragen, könne die Stiftung Warentest künftig selbst rechtlich gegen die Lizenznehmer vorgehen. Durch Nachtests, deren Finanzierung aus den Einahmen der Lizenzierung erfolgt, sollen solche Betrugsversuche aufgedeckt werden. Außerdem darf künftig maximal zwei Jahre lang mit dem Ergebnis geworben werden und in der Werbung muss die Lizenznummer angegeben werden, die der Verbraucher auf einer Website überprüfen könne.
Auf der eigenen Internetseite will die Stiftung allerdings weiterhin alte Archivartikel wie bisher präsentieren. Hier soll der Verbraucher außer der Datumsangabe bei dem jeweiligen Test keinen Hinweis darauf bekommen, dass ein älterer Artikel womöglich keine Aussagekraft mehr hat. Eine Begründung für dieses ambivalente Vorgehen gab Primus allerdings nicht.
Verbraucher tun gut daran, selbst der Stiftung Warentest nicht blind zu vertrauen. Wie andere Testquellen unterliegt auch die Stiftung wirtschaftlichen Zwängen, die im schlimmsten Fall Einfluss auf die Testergebnisse nehmen könnten. Die Zukunft wird zeigen, ob die Tester sich nicht doch bevorzugt für Produkte entscheiden, bei denen die kostenpflichtige Lizenzierung der Ergebnisse wahrscheinlich ist.
Und für viele Verbraucher haben neben den vermeintlich objektiven Tests der technischen Leistungsfähigkeit durch die Stiftung Warentest Kundenmeinungen von echten Nutzern eines Produkts stark an Bedeutung gewonnen. Im Internet sind diese leicht zu finden. Produktbewertungen wie auf HardwareSchotte oder bei Amazon zeigen oft viel umfassender die Vor- und Nachteile eines Artikels im praktischen Einsatz als ein Test unter Laborbedingungen. Dies gilt natürlich vornehmlich bei technischen Geräten. Im Bereich Lebensmittelsicherheit oder auch bei Finanzdienstleistungen können die Untersuchungen der Stiftung sicher einen wertvollen Beitrag liefern.
Ist die Stiftung Warentest für euch eine wichtige Testquelle? Oder wem vertraut ihr, wenn es um Produkttests geht?
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